Bewusstsein für die eigene Führungsrolle: Wie Führungskräfte sich selbst stärken
Führungskräfte zwischen Anerkennung und Kritik
Sicherlich kommt das Ihnen bekannt vor:
Sie erhalten positive Reaktionen, wenn Sie beim Kennen lernen neuer Leute erzählen, dass Sie als Führungskraft arbeiten. Sie freuen sich über die Anerkennung und sind stolz auf das, was Sie geschafft haben.
Es begegnen Ihnen aber auch Menschen, die klar äußern, dass sie auf keinen Fall mit Ihnen tauschen wollen und abwarten, wie Sie auf diese Aussage reagieren. Was antworten Sie?
Erst vor Kurzem erzählte mir eine Führungskraft im Coaching, wie sehr sie Konflikte beschäftigen und dass sie Kritik sehr persönlich nimmt. Es macht ihr zu schaffen, auch noch nach Feierabend. Sie fühlt sich mittlerweile ausgelaugt und unmotiviert.
Eine andere Führungskraft konnte durch den bewussten Umgang mit der Führungsrolle viel souveräner mit Konflikten und Veränderungen umgehen.
Führungsrolle - Eine von vielen Rollen im Leben und doch eine besondere
Die Rolle als Führungskraft wird oft verwechselt mit „So bin ich.“ oder „Das bin ich.“. Und damit meine ich nicht nur die Führungskraft selbst, die das über sich denkt, sondern auch Mitarbeitende oder Führungskolleg*innen, die so über eine Führungskraft denken. Es wird nicht getrennt in - das eine ist die ausgeführte Führungsrolle und das andere der Mensch mit seinen verschiedenen Facetten, die nur teilweise sichtbar oder eingebracht werden.
Durch die Vermischung wird Kritik oftmals nicht als eine Kritik am Verhalten als Führungskraft erlebt, sondern als Kritik an der Person selbst. Sie wird persönlich genommen und kann somit genau auf dieser Ebene kränken oder sogar verletzen. Oder die Person, die Kritik üben möchte, geht davon aus, dass Kritik persönlich genommen wird, auch wenn es nicht so ist. Deshalb spricht sie wichtige Themen vielleicht gar nicht an und sie bleiben ungeklärt. Die Folge sind Konflikte.
Eine Führungsrolle wird definiert durch die Anforderungen der Organisation und ausgefüllt durch die Person. Die Rolle ist jedoch nicht die Person!
Reflexionsübung für Führungskräfte:
Anleitung Schritt für Schritt
(Vor dem Start Punkt 1+2 komplett durchlesen)
- Zeichnen Sie auf einem Blatt Papier zwei Kreise. Der eine Kreis steht für Sie als Person und der andere für die Erwartungen und Anforderungen Ihrer Organisation an Sie.
- Lassen Sie die beiden Kreise sich soweit miteinander überschneiden, wie Sie sich als Persönlichkeit in die Organisation einbringen.
Fragen zur Selbstreflexion
- Wie groß ist die Fläche, wo sich Person und Organisation überschneiden?
- Wie bewusst trennen Sie zwischen Ihrer Rolle als Führungskraft und Ihrer Persönlichkeit?
Impulse zur Auswertung
Wenn sich Ihre Kreise ungefähr so weit überschneiden, wie in dem oben dargestellten Modell, sind Sie in einem gesunden Maß mit Ihrer Persönlichkeit eingebunden und sehr wahrscheinlich beziehen Sie eine Kritik an Ihrem Verhalten selten auf sich als Person, sondern auf Ihre Rolle als Führungskraft. Geht die Fläche darüberhinaus, ist die Frage, wie Sie Ihre Führungsrolle so einnehmen können, dass es Ihnen gut geht, Kritik weniger von Ihnen auf der persönlichen Ebene eingeordnet wird und Sie sich für Ihre Führungsaufgaben stark genug fühlen.
Einflüsse auf die Führungsrolle
Die Rolle einer Führungskraft können wir uns allerdings nicht nur separat anschauen, sondern eine Rolle befindet sich immer in Beziehung mit anderen Rollen am Arbeitsplatz und ist in eine Unternehmensstruktur eingebunden. Das heißt, wir gestalten keine privaten Beziehungen, sondern Rollenbeziehungen. Das klingt für Sie vielleicht nüchtern! Diese Unterscheidung kann jedoch sehr hilfreich sein und sogar als Schutz dienen. Weiter sollten wir berücksichtigen, dass die Organisation und wir als Person mit Umweltfaktoren in Verbindung stehen, wie Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Entwicklung von Technologien.
Die Führungskraft ist gestärkter, wenn sie bewusst unterscheidet zwischen Rolle und Person und die Wirkung von Einflüssen auf ihre Führungsrolle miteinbezieht.
Es gibt Berufe, die sich durch eine hohe Identifikation der einzelnen Person mit ihrer Rolle auszeichnen. Hierzu zählen besonders sinnstiftende Berufe und Berufe, zu denen sich Menschen berufen fühlen, z.B. im medizinischen oder sozialen Bereich. Rollenbeziehungen sind zwar anders als persönliche Beziehungen, aber die Persönlichkeit wird oftmals in diesen Berufen viel stärker teilweise auch komplett für die Erfüllung der Unternehmensanforderungen eingebracht. Konflikte werden hier stärker auf einer persönlichen Beziehungsebene ausgetragen und dort wird für diese auch nach Lösungen gesucht. Das kann stärker aufreiben und im Burnout enden.
Stellen Sie sich vor, es stehen strukturelle Veränderungen in Ihrem Unternehmen an, die aus guten Gründen dem Geschehen auf dem Markt folgen. Betroffen sind Sie auch in Ihrer aktuellen Führungsrolle. Wenn Sie mit Ihrer Persönlichkeit in einem gesunden Maß in Ihre Rolle eingebunden sind, wird Sie sehr wahrscheinlich diese Veränderung weniger beschäftigen bzw. mitnehmen als bei einer sehr hohen Identifikation mit der Führungsrolle. Hier kann eine solche Veränderung in einer persönlichen Krise münden.
Wie Sie sich als Führungskraft selbst stärken
Der erste Schritt ist, dass Sie sich dessen bewusst werden, dass es „nur“ eine Führungsrolle ist. Ich weiß, das Wort „nur“ ist vielleicht nicht das, was Sie hören wollen. Vor allem bei den komplexen und wichtigen Herausforderungen, die Sie in Ihrer Rolle als Führungskraft Tag für Tag meistern. Doch es kann hilfreich sein, sich klar zumachen, dass das Leben aus soviel mehr besteht. Und um in der eigenen Kraft zu bleiben und zu handeln, kann ein „nur“ helfen, die Tätigkeit als Führungskraft zu relativieren - auf das Maß, das es im Ergebnis tatsächlich ist. Und hey, Sie machen trotzdem einen tollen und wichtigen Job!
Um Konflikte zu vermeiden, sind eine Rollenklärung, Erwartungsabgleiche an die Rolle und Klärung notwendiger organisatorischer Strukturen von Beginn an sehr wichtig. Falls Sie erkennen sollten, dass das noch nicht genug geschehen ist, sollten Sie hier Einfluss nehmen und die Klärung mit den notwendigen Beteiligten anstoßen. Es hilft zudem ein Blick auf die „Entpersonifizierung" der jeweiligen Rolle zu werfen und dafür nach passenden Lösungen zur Entlastung zu suchen.
Fazit: Stärken Sie sich durch den bewussten Umgang mit Ihrer Führungsrolle
- Eine Führungsrolle ist „nur“ eine Rolle und nicht die gesamte Persönlichkeit.
- Die Führungsrolle sollte direkt zu Beginn geklärt werden durch den Abgleich von Erwartungen.
- Notwendige organisatorische Strukturen sollten erarbeitet werden.
- Beziehungen im Unternehmen sind Rollenbeziehungen und keine privaten Beziehungen.
- Regelmäßige Reflexion und Rollenklärung stärken Führungskräfte, unterstützen dabei Kritik besser einzuordnen und Konflikte nachhaltig zu vermeiden.
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Hallo und guten Tag, ich bin Katja Wollny.
Als systemische Coachin, Trainerin, Team- und Organisationsentwicklerin sowie erfahrene Führungspersönlichkeit bringe ich langjährige Praxiserfahrung mit. Ich unterstütze Führungskräfte dabei, sich selbst und ihre Teams nachhaltig zu stärken – für wirksames Handeln und erfolgreiche Zielerreichung.